Ab und Ausleitende Therapieverfahren
1. Ausleitende Verfahren
Hippokrates von Kos, der um 400 v. Chr. lebte, definierte Gesundheit als die richtige Mischung der Körpersäfte( Blut, gelbe und schwarze Galle und Schleim), wobei er zwischen Konstitutionstyp und Charakter unterschied. Nach seiner Ansicht entstehen Krankheiten durch falsche Mischung dieser Säfte. Der wohl berühmteste Vertreter war der Arzt Paracelsus von Hohenheim. Er bekräftigte ebenfalls diese theoretische Grundlage. Der Lehre zufolge kann das erkrankte Organ dadurch "gereinigt" werden, indem durch äußerliche Verfahren die schädlichen Stoffe über die Haut nach außen abgeleitet werden können - deshalb auch "ausleitende Verfahren".

Dazu gehören z.B.
Das Baunscheidtieren, das Schröpfen, Blutegeltherapie, Aderlass

1.1 Das Baunscheidtverfahren: Beim Baunscheidtverfahren wird mit Hilfe eines speziellen Instrumentes der Haut kleine Einstiche versetzt. Das anschließende Einreiben mit einem speziellen Öl bewirkt eine Hautrötung und kleine Bläschenbildung oder sogar eine Eiterung der Haut. Der behandelte Bereich erfährt dadurch eine stärkere Durchblutung und angenehme Wärmeentwicklung, wodurch Gift- und Schlackenstoffe vermehrt ausgeschieden werden.
Eingesetzt wird dieses Verfahren vor allem bei Muskelverspannungen, Rücken- und Gelenkschmerzen.

1.2 Das Schröpfen:
Bei unblutigen oder auch trocknem Schröpfen werden ein oder mehrere Schröpfgläser auf die Schröpfreflexzonen gesetzt. In diesen Gläsern wird ein Unterdruck erzeugt, der die Haut ansaugt. Die Schröpfkopfmassage zeigt am Schröpfort, eine rote Gelose Zone, eine blasse oder Übergangsgelose. (Gelosen sind krankhafte Veränderungen der Haut oder Muskulatur unterschieden nach akut oder chronisch) Beim blutigen Schröpfen wird die Haut vorher zusätzlich mit einer kleinen Lanzette eingeritzt, was zu einer lokalen Ausleitung führt. Somit wird einerseits wenig Blut genommen aber gleichzeitig wird zur Neubildung angeregt. Unser Körper ist ein vernetztes biologisches Regelkreissystem. Dieses postuliert eine innige und vielschichtige Vernetzung zwischen dem Körperinnerem und der Körperoberfläche, die zum Zweck der Selbstregulation besteht. Bei Erkrankung eines Körperbezirkes widerspiegelt es sich an den Reflexzonen wieder und somit sind sie gleichzeitig Orte der Diagnostik und der Therapie Indikationen sind zum Beispiel:
- chronische Zustände( Fülle oder Leere Typen)
- Rückenschmerzen
- Rheumatische Erkrankungen
- Migräne

1.3 Blutegeltherapie
Bereits seit mehreren tausend Jahren gibt es die Blutegeltherapie (Hirudo medicinalis officinalis). Wie bei Aderlässen wurde jedoch diese Therapie maßlos übertrieben, was fast zur Ausrottung der Tiere in Mitteleuropa führte. Es ist eine zeitaufwändige Therapie für Patient und Therapeut, aber eine sehr nützliche Methode in Bezug auf venöse Erkrankungen, Infektionen und bei Erkrankungen des Bewegungsapparates. Bei der Blutegeltherapie werden mehrere Blutegel oft an den Beinen oder am Rücken gesetzt. Der Egel wird so lange auf der Haut gelassen, bis er sich nach ca. einer Stunde vollgesogen hat und abfällt. (auf keinen Fall abreißen, da es so zu Hautverletzungen und Entzündungen kommt). Der Blutverlust ist einem sehr sanften und langsamen Aderlass entsprechend. Die Wunden bluten dann noch einige Stunden nach, auch Lymphe sickert noch weiter durch die Wunde. Das gehört aber zur Reinigung dazu. Die Blutegelwirkstoffe besitzen mehrere lokale und schmerzstillende Wirkungen:
- Hirudin hemmt die Blutgerinnung, wirkt entwässernd und antibiotisch
- Eglin hemmt bestimmte Enzyme
- Hementin hat eine durchblutungsfördernde Wirkung um nur einige zu nennen.
Eine anästhesierende Substanz führt zur Schmerzfreiheit beim Saugen. Weiter blockiert der Blutegelwirkstoff insgesamt die bei Entzündungen oder Traumen aktivierten oft überschießenden enzymatischen Vorgänge. Die Applikation erfordert viel Zeit und vor allem Ruhe und Geduld vom Patienten, was sich dann auf das Tier überträgt, denn wer Arbeitet gern unter Spannung?

Indikationen sind z.B.:
- Venöse Erkrankungen, akuter Gichtanfall,
- Arthrosen, Infektionen, Wundheilungsstörungen durch
- Lymphstau, infizierte Wunden, Füllepatienten

1.4. Der Aderlass
Einstmals eingesetzt als Heilmittel für Alles und aufgrund des exzessiven Einsatzes bei oft falscher Indikation in Verruf geratenes Therapieverfahren. Das Konzept besteht darin die Fließeigenschaft des Blutes zu verbessern und eine Neubildung des edlen Saftes anzuregen.
In erster Linie wirkt der Aderlass entstauend, er leitet die bestehende Blutfülle ab. Der entstehende Volumenverlust wird vom Körper ausgeglichen indem er aus dem Gewebe eiweißarme Flüssigkeit ins Blut transportiert und somit das Blut verdünnt. Es werden die Viskosität des Blutes beeinflusst und auch die Aggregation (Verklumpung) der Blutzellen wird gesenkt um nur einige positive Beispiele zu nennen. Damit haben wir eine Verbesserung der allgemeinen Durchblutung. In der Praxis werden nach Indikation vor allem der Hildegard Aderlass und der Volumenaderlass angewendet.
Der Hildegard Aderlass (nach Hildegard von Bingen 1098 – 1179) ist ein sanfter aber tiefgreifender Aderlass der sich nach den Mondphasen richtet und eine spezielle Diät beinhaltet.
Der Volumenaderlass wird individuell bei übergewichtigen „ vollblütigen „ Bluthochdruckpatienten angewandt, welche z.B. unter Kopfschmerzen, Tinnitus, Polyglobulie, gestörten Fettstoffwechsel oder aber durch Stauung hervorgerufene Symptomen leiden. Dieser Aderlass findet seinen positiven Einfluss zur Behandlung von Stoffwechselstörungen und chronischen Krankheiten, wie z.B. Adipositas, Diabetes mellitus, Hautkrankheiten, Rheuma. Beide Aderlässe unterliegen auch Kontraindikationen die durch eine genaue Diagnostik und Anamnese gesichert werden.
Quellenangabe:
Naturheilpraxis Heute von E. Bierbach, 1.Auflage  Januar 2000 Urban & Fischer Verlag München,
ISBN 3-437-55246-5
Handbuch Naturheilpraxis e. Bierbach und M. Herzog 1.Aulage 2005 Elsevier GmBH München
ISBN -13 : 978-3-437-56520-5